Handballnachwuchs sucht Lebensretter:in

Okt 15, 2021

Köln/Magdeburg, 30.08.2021 – Tess ist das, was man als Handballnachwuchs bezeichnen könnte. Mama Anne war mehrere Jahre Torhüterin in der 2. Handball-Bundesliga beim HSC 2000 Magdeburg. Papa Carsten ist Vizepräsident Jugend und Nachwuchsleistungssport im Handball-Verband Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus war er 2017 bei der Handball-Weltmeisterschaft der Frauen Floor Manager. Patentante Cara ist Handball-Bundesligaspielerin bei der HSG Blomberg-Lippe. Eigentlich sollte Tess ihrer Patentante bei ihren Spielen zujubeln. Doch Tess leidet an akuter Leukämie. Seit wenigen Tagen weiß die Handballfamilie, dass ihre kleine Tochter ohne die Hilfe einer Fremdspenderin oder eines Fremdspenders nicht überleben kann. Gemeinsam mit der DKMS planen sie eine große Online-Registrierungsaktion. Wer helfen möchte, kann sich über www.dkms.de/tess ein Registrierungsset nach Hause bestellen und so vielleicht ihr Leben retten.

Es ist eine Geschichte, wie sie nur der Handball schreiben kann: Anne und Carsten lernen sich über den Handball kennen, verlieben sich und heiraten. Wenige Tage nach der Hochzeit darf Carsten, der seit vielen Jahren bei der DKMS registriert ist, Stammzellen spenden und rettet damit – wie sich später herausstellt – das Leben einer jungen Mutter aus St. Petersburg. 2019 scheint das Glück der angehenden Ärztin und des studierten Journalisten perfekt. Töchterchen Tess erblickt das Licht der Welt. Sie ist ein fröhliches, offenes und neugieriges Mädchen, das über ausgeprägte soziale Fähigkeiten verfügt. In einem Wort: Tess ist ein Sonnenschein und das ganze Glück der jungen Eltern. Eigentlich könnte alles gut sein und die Geschichte hier ein schönes Ende finden.

Doch es kommt anders. Im Dezember 2020 bemerken Anne und Carsten, dass mit ihrer Tochter etwas nicht stimmt. Tess hat über einen längeren Zeitraum zunächst unspezifische Merkmale, die für ein Kind in dem Alter alleine betrachtet nicht auffällig sind – blaue Flecken aus der Kita oder ein kleiner Kinderbauch in einer Wachstumsphase sind nicht ungewöhnlich. Als sie dann jedoch kleine Einblutungen an den Unterarmen bemerken und ihr sonst so agiles Kind nicht mehr richtig laufen will, schrillen die Alarmglocken. Erst kontaktieren sie eine befreundete Kinderärztin, dann fahren sie sicherheitshalber in die Notaufnahme, um den Verdacht „Leukämie“ ausschließen zu können.
Umso schlimmer ist dann die Bestätigung dieser Krankheit. Tess hat tatsächlich Blutkrebs. Für den Magdeburger und seine Frau bricht eine Welt zusammen: „Die ersten Tage standen wir total unter Schock. Wir haben wirklich nur gezittert. Auf der einen Seite setzt man sich ganz intensiv mit dieser Diagnose auseinander, auf der anderen Seite kann man sie gar nicht wirklich realisieren. Das ist eine absolute Überforderung. Die Ungewissheit, die akute Bedrohung und natürlich die große Angst um das eigene Kind sind kaum aushaltbare Gefühle. Wir sind sehr dankbar, durch unsere Familie und Freunde Halt gefunden zu haben, sodass wir nach der Erstdiagnose schnell Optimismus und Zuversicht geschöpft haben. Die zweite Nachricht, dass die Krankheit trotz Behandlung fortschreitet, war für uns ungleich schlimmer. Denn jetzt war klar war, dass lediglich eine Stammzellenspende Aussicht auf Heilung verspricht und die damit verbundenen Risiken nicht zu unterschätzen sind.“, berichtet Carsten.

Patentante und Bundesligaspielerin Cara, Anne und Carsten lernen sich durch den Handball kennen. Cara wechselt auf die Sportschule in Magdeburg. Carsten betreut das Mädels Team und erleichtert dem jungen Handballtalent das Ankommen und Eingewöhnen. Seitdem teilen sie viele private und sportliche Momente. Die deutsche Meisterschaftsteilnahme der B-Jugend, Carstens & Annes Hochzeit und der Gewinn des DHB Pokals 2018 lassen aus den Freunden eine Familie werden. „Im November 2019 besuchte ich Anne, Carsten und die knapp fünf Wochen alte Tess. Wir frühstückten und auf meinem Platz lag ein kleiner Brief. Darin wurde ich von Tess „gefragt“, ob ich ihre Patentante werden wolle. Für mich stand sofort fest, dass ich das auf jeden Fall machen möchte. Ich finde es ist eine unheimliche Ehre von Eltern gefragt zu werden, ob man die Patenschaft ihres Kindes übernehmen möchte. Ich empfinde bis heute ein Gefühl von Glück und Freude“, erinnert sich die 27-jährige. Nachdem die Kreisspielerin des HSG Blomberg-Lippe von Tess‘ schwerer Erkrankung erfährt, ist sie wie gelähmt. Dass ihr kleines Patenkind allein durch eine Stammzellspende überleben kann, ist die nächste Hiobsbotschaft. Doch auch hier ist es der Handball, der Cara Mut und Hoffnung schenkt: „In meinem bisherigen Leben war Handball der Dreh- und Angelpunkt, um den sich alles andere aufgebaut hat. Weil ich seit meinem dritten Lebensjahr Handball spiele, verschiedene Auswahlteams durchlaufen habe, auf dem Sportinternat war und seit sieben Jahren in der 1. Liga spiele, habe viele tolle Menschen kennen gelernt. Und ich hoffe von Herzen, dass all diese Menschen unserem Aufruf folgen und sich unter www.dkms.de/tess registrieren lassen. Die Handballfamilie hält zusammen. Darauf zähle ich. Tess ist so klein und hat noch ihr ganzes Leben vor sich.“

Seit der Diagnose hat Tess bereits fünf Monate Behandlung hinter sich. In der letzten Woche haben drei Intensivblöcke für Hochrisiko-Patienten in Vorbereitung auf eine spätere Stammzellenspende begonnen. Neben ganz vielen Tagen im Krankenhaus, unzähligen Eingriffen und Chemotherapien hat sich Tess verändert: Medikamentenbedingte Gewichtsschwankungen, aber auch Haarausfall sorgen dafür, dass man den Therapieverlauf auch äußerlich stark wahrnehmen kann. Die Eltern weichen nicht von Tess‘ Seite. Sie wissen, dass ihnen ein langfristiger Krankenhausaufenthalt in Isolationsstatus noch bevorsteht. „Trotz der schwierigen Herausforderungen sind wir so dankbar für all die Unterstützung, die wir von unserer Handballfamilie erfahren dürfen. – all das ist nicht selbstverständlich, aber so wertvoll für uns. Das gibt uns die Kraft weiterzukämpfen und stark zu bleiben.“

Doch alleine können sie den Kampf nicht gewinnen. Denn nur eine Stammzelltransplantation kann Tess‘ Leben retten. Bislang wurde weltweit noch keine passende Spenderin und kein passender Spender für sie gefunden. Je mehr Menschen sich jetzt registrieren lassen, desto größer sind die Überlebenschancen für Tess und viele andere Patient:innen. Nur wer registriert ist, kann auch als Lebensretter:in gefunden werden. Carsten wendet sich hilfesuchend an die Öffentlichkeit: „Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie einfach es ist, ein Leben zu retten. Es ist nicht schwer, tut nicht weh, kann aber so viel Gutes bewirken. Dank meiner Spende kann eine junge Mama in Russland ihre Kinder aufwachsen sehen. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu dem, was man mit einer Stammzellspende erreicht: ein Leben zu retten. Etwas Wertvolleres kann es nicht geben. Die gleiche Hilfe wünschen wir uns jetzt für unsere Tochter. Sie hat noch das ganze Leben vor sich. Deshalb bitten wir alle: Zögert nicht, sondern lasst euch registrieren. Damit schenkt ihr unserer Tochter und ganz vielen anderen Kindern die Chance auf ein zweites Leben.“

Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann sich mit wenigen Klicks über www.dkms.de/tess die Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen. Besonders wichtig ist es, dass die Wattestäbchen nach dem erfolgten Wangenschleimhautabstrich zeitnah zurückgesendet werden. Erst wenn die Gewebemerkmale im Labor bestimmt wurden, stehen Spender:innen für den weltweiten Suchlauf zur Verfügung.

Auch Geldspenden helfen Leben retten, da der DKMS für die Neuaufnahme einer jeden Spenderin und eines jeden Spenders Kosten in Höhe von 35 Euro entstehen.

DKMS-Spendenkonto, Kreissparkasse Tübingen

IBAN: DE64 6415 0020 0000 2555 56

Verwendungszweck: TKP 001 Tess