Grün-Weiß-Cheftrainer Steffen Franke im Gespräch
Frauen-Handball in Mecklenburg-Vorpommern ist zweifellos etwas Besonderes. Gegenwärtig sind die besten Teams des Landes in der dritten Bundesliga und in der Oberliga Ostsee-Spree vertreten. Aber 2018/19 läuft nicht alles nach Plan. Denn die beiden Drittligisten TSG Wismar und SV Grün-Weiß Schwerin liegen sechs Spieltage vor Saison-Ende auf den Abstiegsplätzen (Position 10 und 11). Nur Hildesheim hat noch weniger Zähler.
Besser sieht es in der vierten Liga aus. Sieben Spieltage vor „Ultimo“ sind die „Rostock Dolphins“ (Rostocker HC) Tabellendritter. In die Oberliga will bald auch die 1. Frauenmannschaft der SV Fortuna 50 Neubrandenburg. Und die Chancen dafür stehen gut. Ungeschlagen führen die Vier-Tore-Städterinnen nach zehn von 16 Spieltagen die MV-Liga an.
Interview
Steffen Franke, Geschäftsstellenleiter und Trainer des SV Grün-Weiß Schwerin, über die sportliche Entwicklung seines Teams, zukünftige Herausforderungen und den Frauen-Handball in M-V allgemein
Frage: Zwei Drittel der Saison 2018/19 sind „abgehakt“. Was lief gut, was lief suboptimal bei „GW“?
Steffen Franke: Wir müssen feststellen, dass wir derzeit zu viel Lehrgeld bezahlen. Zu Saisonbeginn waren wir nicht „auf den Zetteln“ unserer Gegner, daher konnten wir die Spiele auch für uns entscheiden. Derzeit bereiten sich die Gegner besser auf uns vor und unsere Unbekümmertheit ist davon gewichen. Wir trainieren gut, erarbeiten uns gute Voraussetzungen, bekommen diese aber gegenwärtig nicht mit ins Spiel. Daher passen die Ergebnisse nicht zum Fleiß und zur Einstellung meiner Spielerinnen.
Frage: Wie bewerten Sie die Chancen in puncto Klassenerhalt in Liga 3?
Steffen Franke: Uns war seit dem Saison-Auftakt bewusst, dass wir es schwer haben werden und der Klassenerhalt ein Riesenerfolg wäre. Auch wenn die eventuelle Relegation nur zwei Punkte entfernt ist, tun wir gut daran für die vierte Liga zu planen. Sollte sich aber die Möglichkeit ergeben, Relegation zu spielen oder gar direkt die Klasse zu halten, werden wir dies natürlich auch annehmen.
Frage: Ihre Meinung zur Entwicklung des Frauen-Handballs in M-V, in Schwerin, Wismar, Rostock und Neubrandenburg?
Steffen Franke: Die Entwicklung ist nicht gerade positiv. Im schlimmsten Fall für Wismar und Schwerin, steigen zwei Teams aus M-V ab, Rostock im Normalfall nicht auf und Neubrandenburg steigt im Optimal-Fall aus der MV-Liga auf. Damit wären alle Aushängeschilder des Frauenhandballs in der vierten Liga. Das kann nicht gut sein, auch wenn die Spiele selbst natürlich attraktiv sind… So viele Landesderbys hat es sicher noch nie gegeben.
Uns muss endlich klar werden, dass wir nur gemeinsam den Frauen-Handball in M-V nach vorne bringen können. Dazu müssen wir unsere Kräfte bündeln, dabei sind die Vereine gefordert, aber auch der Verband muss seinen Beitrag dazu leisten. Wir müssen verhindern, dass wir permanent Talente an andere Vereine außerhalb unseres Bundeslandes verlieren.
Frage: Dazu haben die Spielerinnen Mehrfach-Verpflichtungen neben Training und Liga-Betrieb. Sei es durch Ausbildung, Studium oder Beruf. Kann Frauen-Handball generell dauerhaft so funktionieren?
Steffen Franke: Der Frauen-Handball funktioniert auch in der Spitze so, kaum eine Erstliga-Spielerin kann vom „Beruf Handballerin“ leben. Es gibt sicher Sportförderkonzepte von der Polizei oder der Bundeswehr, aber da muss man schon eine Kader-Spielerin sein, um solche Vorteile nutzen zu können. Ansonsten gilt es für alle, sich gut zu organisieren. Ich denke das wir da aber auch kurz- oder mittelfristig keine Veränderung herbeiführen können.
Aber auch hier sind die Dachverbände gefordert, den Frauen-Handball eine bessere Plattform zu bieten, damit die Attraktivität für Sponsoren und Zuschauer steigt. Wir benötigen mehr Präsenz in den Medien, bessere Hallen. Ich denke, wenn das erreicht werden kann, wird nicht nur die Bundesliga davon profitieren. Wir müssen den Handball-Boom, durch die WM der Männer in Deutschland/Dänemark 2019, auch für die Frauen ausnutzen.
Vielen Dank und viel Erfolg für die weiteren Spiele.
Quelle: MV-Sport
Bild: Steffen Franke (Foto: Rino Stancak, SV Grün-Weiß)