Spektakel zum 100.

Aug 23, 2024

VfL Blau-Weiß Neukloster machte mit Spielen gegen Bundesligisten beste Werbung für den Handball

Seit mehr als 100 Jahren wird in Neukloster Handball gespielt. Nachdem es bereits um die damalige Jahrhundertwende erste Anfänge sportlicher Betätigung gegeben hatte, gründeten Arbeiter und Handwerker 1919 den Fußballclub „Viktoria“. Unter dessen Dach kam 1923 auch Handball hinzu, bevor sich ein Jahr darauf verschiedene Sportgruppen zum Verein für Leibesübungen (VfL) zusammenschlossen. Es folgten Umbenennungen von „Sturmvogel“ über BSG Traktor bis zur Neugründung des VfL Blau-Weiß Neukloster 1990. Dieser zählt heute über 800 Mitglieder, darunter 67 Übungsleiter, in zwölf Abteilungen von Badminton bis Volleyball. Das Motto lautet: „Angebote von 2 bis 90+ – ein Verein fürs Leben“. Für den Aufbau des Sports überhaupt und später im Handball stehen Namen wie Gerd Lillwitz, Erich Zölsmann, Jochen Kleinert, Henny Ewald, Inge Radowitz, Dirk Cebulla, Jörg Manzelmann, Bernd Hacker oder Dietmar und Ralf Dombrowsky. Grit Powierski, eine der engagierten Übungsleiter, ist heute ehrenamtlich Vizepräsidentin im Handballverband Mecklenburg-Vorpommern (HVMV). Zwei Spieler aus Neukloster schafften es bis in die DDR-Nationalmannschaft – Hermann Dowe Ende der 1950er Jahre bei Motor Rostock im Großfeldhandball und Volkmar Warning Mitte der 1980er Jahre über den SC Empor Rostock.

Die Handballer mussten ihre Heimspiele jahrelang in Ventschow und Wismar austragen, da die 1983 neben der neuen Schule gebaute Sporthalle mit einem Spielfeld von 12 mal 18 Metern zu klein war. Doch mit der Fertigstellung der Stadthalle 1998 erhielten sie optimale Bedingungen, wodurch das Interesse merklich zunahm. Mannschaften gibt es von den Minis ab der 1. Klasse über mehrere Altersklassen in der Jugend bis zu den Frauen und Männern, zählt Abteilungsleiter Stefan Ahrens auf, der diese Aufgabe vor 13 Jahren von Mathias Schröder übernahm. Freitags findet ein so genanntes Krümelturnen statt. Vier Übungsleiter betreuen rund 40 Kinder im Kita-Alter von fünf und sechs Jahren in verschiedenen Sportarten. Einst auf Initiative von Eltern entstanden, werden die Kleinen ans Sporttreiben herangeführt, ihre Vorlieben herausgefunden und manche Talente entdeckt. Etwa so, wie das Projekt „Handball macht Schule“ im HVMV angelegt ist.

Zum 100jährigen Gründungsjubiläum des VfL hatten sich die Handballer hochklassige Gäste eingeladen. Die Frauenmannschaft, die in der Bezirksliga spielt, traf auf Grün-Weiß Schwerin aus der 3. Bundesliga. Das 17:56 (10:29) in der voll besetzten Stadthalle war Nebensache, es ging um den Spaß und Werbung für den Handball.

Noch spektakulärer wurde es bei den Männern, die gegen den Erstligisten und deutschen Vizemeister Füchse Berlin auf dem Parkett standen. Dieser hatte zwar seine Olympiateilnehmer wie Mathias Gidsel (Dänemark) und Max Darj (Schweden) nicht dabei, doch außer diesen die komplette erste Garnitur. Selbst Kapitän Paul Drux (127 Länderspiele), der Ende Mai am Knie operiert worden ist und bedauerte, noch nicht einsatzfähig zu sein, schaute freudig zu, wie seine Teamkollegen ein ums andere Mal zauberten. „Das machen wir seit Jahren so. Es ist für uns eine schöne Sache zur Freude der Zuschauer gerade in kleineren Vereinen“, so der sympathische Nationalspieler. Es gab wohl selten ein Handballspiel mit so vielen Kempa-Tricks. „Es hat Spaß gemacht“, meinte auch Tobias Reichmann, der 106 Länderspiele auf seinem Konto hat. Bei Fabian Wiede sind es 91. Nils Lichtlein gab im November 2023 sein Debüt in der A-Nationalmannschaft. Linksaußen Jerry Tollbring lief schon für Schweden auf, Lasse Andersson für Dänemark, Dejan Milosavljev wie Mijajlo Marsenić für Serbien und Lukas Herburger für Österreich. Trainer Jaron Siewert gab seinen Jungs freien Lauf. „Wir wollen präsent sein und Werbung für den Handball machen. Da geht es auch ernsthaft zu, doch Hauptsache ist, dass es allen Spaß macht. Und wir haben viele schöne Tore gesehen.“ Die Siebenmeter, von den Schiedsrichtern Alexander Wenzel und Niklas Linke aus Barth dankenswert großzügig vergeben, wurden unter Beifall vom VfL-Nachwuchs ausgeführt. Am Ende stand es 33:52 (14:29).

Eingeladen und gekommen waren übrigens auch Aktive, die einmal in Neukloster spielten und jetzt anderen Vereinen angehören. So wie Oliver Maegdefessel vom TSV Bützow, der von sich sagt, „schöne Jahre in Neukloster gehabt zu haben“, und auch nach dem Spiel mit Sohn Valentin (4) auf dem Arm das Handballereignis genoss.

„Wir wollten den Jungs unserer Männermannschaft, die sich aus Altersgründen auflöst, noch einmal einen sportlichen Höhepunkt verschaffen“, sagte Stefan Ahrens, der sich als Handball-Abteilungsleiter zurückzieht, um sich stärker der Kommunalpolitik widmen zu können. Mit sechs Jahren hatte er beim LSV Zernin mit dem Handball begonnen, war in der B-Jugend zum TSV Bützow gewechselt und schließlich bei Blau-Weiß Neukloster gelandet. Für sein Engagement wurde in voller Halle mit der Ehrennadel des HVMV in Silber geehrt.

Zum Abschluss des Nachmittags gab es noch einmal reichlich Gelegenheit für Autogramme, zudem erfüllten die Handballgrößen aus der Bundesliga ebenso gern Wünsche nach Selfies und anderen gemeinsamen Fotos.

Rüdiger Rump

Bildtext

Freundschaftlich wie in den 60 Spielminuten zwischen dem VfL Blau-Weiß Neukloster und den Füchsen Berlin als deutscher Vizemeister ging es auch nach dem Abpfiff zu. Foto: Rüdiger Rump